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Kreuzfahrtabbruch durch den Veranstalter – das „Wie“ ist entscheidend für Ansprüche der Reisenden

Absagen von Kreuzfahrten seitens des Veranstalters sind selten eine willkommene Nachricht für den Reisegast. Wesentlich dramatischer wird es, wenn die Kreuzfahrt bereits begonnen hat, beispielsweise bei Absagen am Flughafen oder gar nach einigen Tagen Liegezeit im Starthafen. In jüngerer Zeit häufen sich Fälle, in denen Kreuzfahrtveranstalter Reisen zur Unzeit abbrechen. Hier bestehen für Betroffene über die Erstattung des Reisepreises hinaus erhebliche Schadensersatzansprüche wegen entgangener Urlaubsfreuden, die leicht mehrere Hundert oder gar mehrere Tausend Euro betragen können.

Kreuzfahrer kennen die Vorfreude: Endlich wieder Schiff, Schaukeln und Meer. In den vergangenen Monaten wurde die Vorfreude häufig durch die Pandemielage und die bestehenden Einschränkungen getrübt. Wer es doch bis zum Reiseanritt schaffte, durfte sich schon fast auserwählt fühlen. Die Reise beginnt, die Stimmung steigt. Bei der Ankunft am Flughafen oder auf dem Schiff läuft alles noch wie erhofft, doch dann bahnt sich die Katastrophe an. Der Kapitän verschiebt das Auslaufen einmal, zweimal, manchmal sogar tagelang. Das Schiff legt einfach nicht ab und die Reisenden werden immer wieder vertröstet. Dann der finale Schock: der Veranstalter streicht die Kreuzfahrt und schickt die Reisenden wieder nach Hause. 

Abbruch der Kreuzfahrt auf der AIDAnova und bei TUI Cruises

Fälle in denen Kreuzfahrten – auch bedingt durch Corona – abgesagt wurden, gab es in den letzten Jahren viele. Indes erhielten wir gerade in den letzten Monaten sehr häufig Berichte mit der Besonderheit, dass die Absage der Kreuzfahrt sprichwörtlich zur Unzeit erfolgte. Beispiele gab es zuletzt vor allem um den Jahreswechsel 2021/2022. 

Die AIDAnova sollte am 29.12.2022 von Lissabon aus zu ihrer Silvestertour starten. Die Gäste wurden eingeflogen, bezogen ihre Kabinen und wurden dann vom 29.12.2021 bis über den Jahreswechsel hinaus am 02.01.2022 immer wieder vertröstet. Die AIDAnova bewegte sich letztlich keinen Meter. Die Gäste wurden am 03.01.2022 ausgeflogen und erhielten auf diese Art einen erzwungenen Hafenurlaub statt der gebuchten Traumkreuzfahrt. TUI Cruises machte es nicht viel besser. Hier sollte die Mein Schiff 6 den Orient ab dem 03.01.2022 befahren. Die Gäste wurden auch hier nach Dubai eingeflogen und bezogen ihre Kabinen. Nach einem Aufenthalt an Bord von etwa 24 Stunden hieß es dann: Reiseabbruch und Heimreise. 

Reiseabsage – Anspruch auf Rückzahlung des vollen Reisepreises

Grundsätzlich gilt, dass Reiseabsagen aufgrund höherer Gewalt möglich sind. Beide Parteien des Reisevertrages müssen dann die geschuldete Leistung nicht erbringen. Dies bedeutet, dass der Anbieter die Kreuzfahrt nicht durchführen muss und der Reisende sein Geld zurückbekommt. Ansprüche auf Erstattung des Reisepreises werden von den Veranstaltern häufig problemlos und zeitnah erfüllt. 

Die Ansicht, wonach für teilweise in Anspruch genommene Leistungen auch teilweise der Reisepreis zu zahlen sein soll, ist häufig unzutreffend. Denn der Veranstalter schuldet dem Reisegast stets und über die Reise hinaus Fürsorge. Unterkunft und Verpflegung bis zum Antritt der eigentlichen Reise können in diesen Fällen nicht als Reiseleistung deklariert werden, wenn das Schiff aus Gründen, die in der Sphäre des Veranstalters liegen, die Kreuzfahrt nicht antritt.

Behält ein Veranstalter in diesen Fällen einen Teil des Reisepreises ein, so ist dies vom Reisenden also nicht einfach hinzunehmen. Vielmehr sollte der Kreuzfahrer bei seinem Veranstalter mit Nachdruck die volle Rückzahlung des Reisepreises verlangen. 

Reisestorno zur Unzeit – zusätzlich Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden

Immer dann, wenn die Reiseabsage wie zuvor beschrieben auf der AIDAnova oder bei TUI Cruises zur Unzeit erfolgt, kommt neben der Rückzahlung des vollen Reisepreises ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreunden in Betracht. Die Rechtsprechung hierzu ist verbraucherfreundlich. Das AG Bonn, 113 C 44/19, sprach Reisenden 70 % des Reisepreises als Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden zu, wenn eine Absage am Anreisetag auf dem Schiff erfolgt. Das OLG Celle, 11 U 13/19, sah dies ähnlich und urteilte, dass Reisende, die erst am Flughafen über die Absage informiert werden, bis zu 100 % des Reisepreises als Schadensersatz erhalten. Auch das LG Rostock, 1 O 191/20, gewährte 50 % Schadensersatz bei einer Absage 12 Stunden vor dem Start der Kreuzfahrt. Selbst bei längerfristigen Absagen, können solche Ansprüche in Betracht kommen, wie die Entscheidungen des OLG Köln, 16 U 31/17 (3 Tage vor Reiseantritt; 73 % Schadensersatz), und des AG München, 243 C 20961/17 (8 Tage vor Reiseantritt; 50 % Schadensersatz) zeigen. 

Das Besondere und vielen Betroffenen nicht Bewusste ist, dass diese Ansprüche zusätzlich zur Rückzahlung des Reisepreises geltend gemacht werden können. Wird also eine Kreuzfahrt zu einem Reisepreis von 5.000,00 € zur Unzeit abgebrochen, dann beliefe sich die Schadensersatzsumme schon bei 50 % des Reisepreises auf immerhin 2.500,00 €. 

Dies erklärt, weshalb Veranstalter häufig sehr schnell versuchen, eine Regulierung herbeizuführen und meist auch den Reisepreis anstandslos ausbezahlen. Denn auf diese Art und Weise will man die Kunden besänftigen. Manchmal bedankt man sich auch mit einem Strauß Blumen. Reisende, denen solch eine Situation widerfährt, sollten unbedingt handeln und sich nicht beschwichtigen lassen. Der Gesetzgeber hat dem Reisenden in dieser Situation nicht ohne Grund einen Schadensersatzanspruch eingeräumt. Denn diese Ansprüche sollen einen Ausgleich zwischen Unternehmer und Verbraucher schaffen. Der Veranstalter soll nicht aus seinen wirtschaftlichen Interessen heraus vergessen, dass er mit einem kostenbaren Gut, nämlich der Urlaubszeit der Reisenden wettet, wenn er Reisen beginnt, die bereits anfänglich zum Scheitern verurteilt sind. 

„Unzeit“ als Maßstab für ein Verschulden 

Natürlich muss ein Veranstalter nicht für jede abgesagte oder abgebrochene Kreuzfahrt Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreuden leisten. Grundsätzlich bietet § 651h Absatz 4 BGB dem Reiseveranstalter die Möglichkeit, in besonderen Ausnahmesituationen eine Reise abzusagen. Er ist dann aber verpflichtet, den – juristisch gesprochen – Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis vom Rücktrittsgrund zu erklären. In der Praxis sind demgegenüber häufig Fälle anzutreffen, in denen die Veranstalter aus eigenen wirtschaftlichen Interessen länger als nötig und juristisch zulässig zuwarten, bis eine Kreuzfahrt tatsächlich abgesagt wird. 

In solchen Fällen besteht auch dann ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreuden, wenn der eigentliche Absagegrund außerhalb des Einwirkungsbereiches des Veranstalters lag. Denn dann ist die Pflicht zur unverzüglichen Absage verletzt. Verzichtet der Veranstalter auf einen sofortigen Rücktritt, weil er hofft, die Reise könne doch noch stattfinden, dann hat er hierfür einzustehen. Denn er entscheidet in diesem Fall nicht nur über seine eigenen Interessen, sondern seine Entscheidung tangiert auch die Interessen des Reisenden.

Der Einzelfall ist entscheidend – daher Rat zeitnah einholen

Nach unserer Auffassung sollten Betroffene einer Kreuzfahrtabsage oder eines Kreuzfahrtabbruchs daher immer prüfen lassen, ob Ansprüche wegen entgangener Urlaubsfreuden im Raum stehen. Keinesfalls sollte man vorschnell auf die Geltendmachung solcher Ansprüche verzichten, wenn eine Absage sehr kurzfristig oder gar erst nach Antritt der Reise erfolgte. Denn hier geht es nicht nur um den Reisepreis, sondern um ggf. bis zu 100 % des Reisepreises zusätzlich.

Als Faustregel gilt: je später abgesagt wurde, desto eher kommen weitergehende Ansprüche in Betracht. 

Ansprüche wegen entgangener Urlaubsfreuden können bis zu 2 Jahre geltend gemacht werden. Entscheidend für den Fristbeginn ist hierbei der Tag, an dem die Kreuzfahrt laut Vertrag enden sollte. 

Betroffene sollten sich daher zeitnah Rat und Beistand suchen und Ihre Ansprüche konsequent verfolgen.

Über Kreuzfahrt-Anwalt.de 

Kreuzfahrt-Anwalt.de ist ein Angebot der Verbraucherschutzkanzlei Dr. Hoffmann & Partner Rechtsanwälte aus Nürnberg. Wir bieten Verbrauchern eine kostenfreie und unverbindliche Erstprüfung im Raum stehender Ansprüche im Zusammenhang mit Kreuzfahrten an. Nach der Erstprüfung besteht für Kreuzfahrer die Möglichkeit, eine qualifizierte außergerichtliche Interessenvertretung gegenüber dem Anbieter zu einem garantierten Festpreis zu buchen.

Entscheidend für den Erfolg einer Klage gegen einen Großkonzern bzw. eines „Kampfes David gegen Goliath“ ist insbesondere im Kreuzfahrtrecht die Betrachtung des Einzelfalles. Wir nehmen seit jeher die rechtlichen Interessen von Verbrauchern in wenigen, ausgewählten Rechtsgebieten wahr, die wir auf höchstem Niveau beherrschen. So vertrat unsere Verbraucherschutzkanzlei bereits weit über 1.000 Mandanten erfolgreich gegen Großunternehmen und erstritt wegweisende, bundesweit beachtete Entscheidungen.

Kreuzfahrt-Anwalt.de: der Lotse für Verbraucher im Kreuzfahrtrecht.

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